Porträt aus der Serie «Menschen an der Schule»
Über 100 Einsätze als Skiexperte und rund 30 durchgeführte Lager: Werner Gäggeler aka Wechä
(55 Jahre) kann unzählige Pisten-Geschichten erzählen und weiss, warum es sich auch in Zeiten des Klimawandels lohnt, ins Skilager zu fahren.
Zum Interviewtermin am frühen Nachmittag erscheint Werner Gäggeler aka «Wechä» verschwitzt. «Ein Kollege hat mich für eine Joggingrunde über den Mittag angefragt – da konnte ich nicht nein sagen», erklärt er etwas verlegen und wischt sich mit einem Handtuch den Schweiss von der Stirn. Die Interviewerin überrascht das allerdings nicht, denn Wechäs Herz schlägt für den Sport. Seine ganz grosse Leidenschaft gilt dem Skisport. Bereits als Kind aktiv im Skiclub entdeckte er früh seine Freude an der Fahrtechnik und an gemeinsamen sportlichen Erlebnissen draussen im Schnee. Heute zieht er auch gerne einsame Spuren über verschneite Hänge abseits der Piste.
Seine Freude am Skisport verbindet Wechä seit jeher mit seiner beruflichen Tätigkeit als Lehrer an der Oberstufe in Kehrsatz bei Bern und als Dozent an der Pädagogischen Hochschule Bern. Dort ist er unter anderem für die Weiterbildung «Grundkurs Ski» verantwortlich, wo Lehrpersonen die J&S-Qualifikation Leitende Skifahren erlangen können. «Vor einem Jahr hatte ich meinen hundertsten Einsatz als Skiexperte. Das Angebot ist nach wie vor sehr beliebt», sagt er mit leuchtenden Augen.
Auch in Sachen Skilager ist Wechä ein alter Hase: Rund 30 Lager hat er in seiner Lehrer-Karriere organisiert. Wobei heute eher von Schneesportlager die Rede ist, denn: «’Alles fährt Ski’ gilt heute nicht mehr. Viele Kinder kommen ohne Ski-Erfahrung ins Lager. Und auch die Lehrpersonen fahren nicht mehr alle Ski. Zudem gibt es vermehrt kritische Stimmen in Bezug auf die Nachhaltigkeit. Da sieht es für den Skisport leider nicht gut aus», räumt er ein. Man biete heute in den Lagern deshalb auch Alternativ-Programme wie Schneeschuh- oder Langlaufen an.
Trotz dieser Entwicklungen hat das klassische Skilager für Wechä nichts an Faszination eingebüsst: «Man hat die Chance, den Kindern mit allen Sinnen etwas ganz Neues zu vermitteln. Viele erleben die Bergen, das Gleiten auf dem Schnee und die winterliche Kälte in dieser Art zum ersten Mal. Das ist für die Kinder eine absolut einmalige Erfahrung.» Besonders schön seien für ihn jene Momente, in denen es «Klick macht»: «Zum Beispiel, wenn eine Anfängerin nach drei Tagen plötzlich alleine fahren kann.» Oder die Begeisterung und den Übermut zu spüren, «wenn wir am Abend alle zusammen nochmals rausgehen, um Schanzen zu bauen», erzählt er.
Der erfahrene Lagerleiter ist überzeugt: «Die Lager sind das Beste, um die Beziehung zu stärken.» Kinder und Lehrpersonen würden sich von einer anderen Seite her kennenlernen. «Da ich in meinem Element bin, erleben mich die Kinder zufrieden und fröhlich und nehmen mich als kompetent wahr», sagt er und fügt mit einem Augenzwinkern an: «Das wirkt bei jenen besonders gut, die in der Schule oft eine grosse Röhre haben, dann aber mit zittrigen Beinen am Berg stehen.» Im Idealfall nehme man die gute Stimmung aus dem Lager mit ins Schulzimmer. «Und hoffentlich bleibt beim einen oder anderen Kind etwas hängen und sie probieren das Skifahren später nochmals aus.»
«Ich habe immer ein paar alte Skihosen und Jacken, die ich ausleihen kann.»
Nebst dem Rund-um-die-Uhr-Einsatz während der Lagerwoche verlangt ein Skilager Lehrpersonen auch im Vorfeld einiges ab. «Für die Einsteiger muss man nicht nur das Material besorgen, viele haben heute auch keine passenden Winterkleider mehr. Ich habe deshalb immer ein paar alte Skihosen und Jacken, die ich ausleihen kann», so Wechä. Seine Tipps an Lehrpersonen, die sich zum ersten Mal an ein Skilager wagen: «Einen Grundkurs besuchen. Sich Hilfe bei Kollegen holen. Beim gleichen Durchführungsort bleiben und dort Erfahrungen aufbauen. Und jenen, die sich die Organisation erleichtern wollen, empfehle ich ‘Go Snow’. Der Verein bietet All-inclusive-Leistungen von Transport über Material und Unterkunft bis Bergbahntickets.»
Wechä hätte noch viele Tipps und noch mehr Geschichten aus seinen zahlreichen Lagern zu erzählen. Aber der Magen knurrt nach Sport und Interview und weckt Erinnerungen an Lager-Menüs wie «Ghackets und Hörnli» oder «Riz Casimir»… Das nächste Skilager kann kommen!
Plattform «Go Snow»
Der Verein Schneesportinitiative Schweiz ist eine öffentlich-private Partnerschaft zur Förderung des Schneesports. Dessen Plattform GoSnow.ch bietet Schulen und Lehrpersonen neben Informationen und Lehrmitteln vor allem fix-fertig organisierte Schneesportlager und -tage zu attraktiven Preisen.
Webapp «Snow Safety»
Mit der Webapplikation «Snow Safety» will die Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU Schneesportlehrerinnen und -Leiter für das Thema Sicherheit begeistern. «Snow Safety» stellt Inhalte rund um Sicherheit im Schneesport digital, interaktiv, modular, unterhaltsam und zielgruppengerecht zur Verfügung. Zu jeder Botschaft gibt es Informationen, praktische Aufgaben und ein Quiz.
Podcast-Folge zum Skilager
Im Februar 2023 haben Bund und Berner Zeitung eine Podcast-Folge zum Thema «Skilager – chancenreich oder unnötig?» publiziert. Darin kommt auch Werner Gäggeler zu Wort. Nachzuhören hier.